2006/04/27

'und morgen steh ich auf'

und morgen gehöre ich dazu.
morgen.
nur noch heute bin ich allein. morgen wird sich die welt wieder öffnen. und mir mehr-wert geben. mich teilhaben lassen. nur noch heute bin ich selbst meine eigene motivation. morgen wird alles tatsächlich so gut. und so laufen, wie ich es heute sage, laut, zu mir und zu allen anderen. angst? nein, angst habe ich keine. angst ist unbegründet. jeder hat eine zukunft. auch ich. nur heute noch überleben. dann wird alles gut. die hoffnung auf ein morgen wird sich erfüllen. ich weiß es genau. die hoffnung dass es ein morgen gibt. ein gutes morgen natürlich.

die kunst der selbstmotivation, des projektierens, der einsicht, des erkennens der realität und des sofort wieder vergessens derselben. die kunst, den eigenen weg zu finden, immer wieder, immer wieder neu, jedes heute lang. kreatives umdenken am fließband der tage und wochen. hier steht es klar und deutlich auf der bühne und versteckt sich hinter den fassaden, die die 4 personen entstehen lassen. der selbstbetrug wird entlarvt mittels wiederholung. die schauspieler spiegeln sich selbst - und die realität.

ich bin erkannt: ich glaube auch an die zukunft und dass es immer für mich ein morgen gibt, mit glücklichem ausgang.

hier wird bewusst, dass auch die andere möglichkeit existiert. dass sie als wolke über einem dräut. dass es die zukunft irgendwann nicht mehr gibt. dass das glück ausgelaufen sein kann. aufgebraucht. dass die eigenen fähigkeiten und versuche ins nichts führen können.

ein erschrecktes ‚nein’ bleibt im halse stecken. der instinkt der negation setzt ein und lehnt ab, was auf der bühne passiert - was ich nicht anerkenne, kann mir nicht auch nicht passieren, kann nicht realität werden. denke ich. und leben die 4 personen auf der bühne. und scheitern doch. und können nicht teilhaben an der arbeit, am leben, an der zukunft. Und leben doch. die sprüche kenne ich alle, sind nicht neu, sind normal, sind teil von gesprächen. aber hier ändern sie nichts am scheitern.

diese frage bleibt:
was ist, wenn es in wirklichkeit auch so ist/wird?
auch für mich so wird?
für mich, die ich es mir derzeit leisten kann im publikum zu sitzen?

ein großartiges stück theater. überzeugend. das stück, die inszenierung, die schauspieler. hervorragend die monologe, die kein anfang, kein ende haben und auch zwischendrin die worte fehlen.

sehenswert im maxim gorki studio in berlin!

warnung: nur menschen in stabilen arbeitsverhältnissen und gemütslagen sollten dieses stück sehen.

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